Joey sieht nach Berlin aus. Das liegt zum einem an ihren perfekt durchdachten außergewöhnlichen Outfits. Aber auch ihr kurzer blonder Pony und die Piercings an ihrer Unterlippe und ihrer Nase stärken den Eindruck. Eine junge Frau, die Fuß im Journalismus fassen will. Eine junge Frau, die dem Journalismus einen Hauch Rock n’ Roll verpassen will.
Joey studiert Medien und Digitaljournalismus im vierten Semester an der SFU Berlin. Sie ist eine der wenigen die bereits berufliche Erfahrungen sammeln konnte. Neben ihrer babyblauen Bassgitarre sitzend erzählt sie mir von ihrer ersten journalistischen Tätigkeit bei einem Online Nachrichtenportal.
Sie schmunzelt ein wenig. Ihrer großen Leidenschaft-dem Musikjournalismus- konnte sie dort nicht nachgehen. “Die sind halt super Mainstream. Also klar, ich kann da über Lady Gaga schreiben und auch über Loredana aber nichts über das Desert Festival.” Sie zieht die Augenbrauen hoch. Ihre Chefin ließ keine zweite Meinung zu. “Die kam von Fokus online und hat so für ganz komische Frauenzeitschriften geschrieben wo es dann auf jeder Seite heißt ‘mit dieser Brot Diät verlierst du in einer Woche vier Kilo’ und so ein Kack.” Schon früh ist sich Joey darüber bewusst, dass ihre berufliche Zukunft nicht in diese Richtung führen soll. Sie hat wenig Verständnnis für Journalisten, die sich mit solchen Themen zufriedengeben. “Ist da nicht der innere Anspruch zu sagen, ‘ wir machen jetzt mehr Politik oder wir gehen jetzt mal bisschen kritischer da ran und machen nicht nur Popnachrichten. ’?” Sie klingt aufgebracht.
Sie beschließt sich von den Fesseln des klick-fokussierten Onlinejournalismus zu lösen und wendet sich den Öffentlich- Rechtlichen zu. Sie arbeitet jetzt beim RBB. “Mein Chef hat mir gesagt: Wenn’s irgendwas gibt, was dir am Herzen liegt, worüber du schreiben willst, dann kannst du das machen.” Ein Schritt in die richtige Richtung. Denn obwohl die Berufsbezeichnung des Journalisten nicht geschützt ist, wird viel gefordert: “Eigenständige Recherche, Konzipierung und Erstellung von crossmedialem Content, redaktionelleErfahrung”. Forderungen, wie man sie in typischen Stellenausschreibungen für journalistische Tätigkeiten findet. Wichtiger als ein Studienabschluss ist dabei die Praxiserfahrung. Um eine Stelle zu bekommen, muss man meist Erfahrung nachweisen können. Und um Erfahrungen zu machen, braucht man eine Stelle.
Doch auch mit einer sicheren Stelle als Werkstudentin hat Joey ihre Zweifel, wenn es darum geht eigene Ideen einzubringen. “Ich muss mich dann eben richtig reinhängen”. Seit der Corona Krise hatte sie keine Möglichkeit journalistisch zu arbeiten. Das sind jetzt circa 1,5 Monate. Zurzeit kümmert sich Joey um das Intranet des RBB und sammelt Ideen um diese dann, nach der Krise hoffentlich einbringen zu können.
Dabei fehlt es ihr keineswegs an Ideen, um den Mainstream Nachrichten über Instagrammodels und co. den Kampf anzusagen und um den Journalismus wie er ihren Vorstellungen entspricht zu verwirklichen. Während unseres Gesprächs erläutert sie ihre neuste Idee: Es geht um zwei Filmemacherinnen, die sich mit dem DDR Konflikt auseinander gesetzt haben und sich für die Pakete interessieren, die die Wessis damals den Ossis gesendet haben. „Die haben sich mit dem Gefühl beschäftigt, was es bedeutet so ein Paket zu bekommen und vor allem mit dem Geruch. Die sollen wohl einen ganz spezifischen Geruch gehabt haben und die haben dann versucht ein Parfum daraus zu machen.” Sie stützt ihren Kopf gedankenverloren auf ihrer Faust ab.